Nothing to write home about


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Würde mein bevorzugter Gewürztee nur die Hälfte jener Versprechungen einlösen, mit denen er auf seiner Verpackung um sich wirft, bräuchte ich mein restliches Leben lang weder Therapie noch Medizin.

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„Mir kommt der Tod, wenn ich einen Toten sehe, wie eine Abreise vor. Der Leichnam wirkt auf mich wie ein abgelegtes Kleidungsstück. Jemand ist gegangen, ohne das einzige Kleid, das je wirklich sein war, mitnehmen zu müssen.“

– Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe

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Sie war wie der Morgen jenes Tages: strahlend schön und eiskalt.

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Clubbesuch. Am Ende des gemeinsam, in erster Linie mit Tanzen verbrachten Abends raunt sie ihm mit verschwörerischer Miene zu, sie habe etwas für ihn, schmiegt sich eng an seine Seite und hustet ihm verführerisch ins Ohr: „Die Schwindsucht.“

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Wichtige Erkenntnisse der abendlichen Runde auf dem Longboard: Ich fühle mich wie ein blutiger Anfänger. Ich fahre wie ein leicht Fortgeschrittener. Ich sehe nicht mehr so gut wie früher. Ich fliege wie ein junger Gott. Und ich falle wie ein erfahrener Judoka.

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Einer der (vielen) Vorteile, wenn man mit einer Katze zusammenlebt: man wird empfänglicher für die kleinen Dinge des Lebens – Flusen, Silberfischchen, Lebensmittelmotten sowie allerlei Nachtfalter – und gleichzeitig bestens vor diesen beschützt.

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Mir graut vor dem unausweichlichen Moment, an dem der Typ im Spiegel, wie sehr er sich und sein Gedächtnis auch zermartern mag, nicht mehr dazu in der Lage ist, mich zu erkennen.

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„Sie waren schon lange nicht mehr hier, das bereitet mir Sorgen. Sicher, dass es Ihnen gutgeht?“

– was man nicht unbedingt von seinem Arzt hören möchte, Teil 7

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Nichts wiegt schwerer als diese rasant anschwellende Stille nach einer unbeantworteten Frage, dröhnend wie ein Presslufthammer, wuchernd wie ein Krebsgeschwür, zerstörerisch wie ein Schwarzes Loch.

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„Möge er zumindest den Dämonen seiner neuen Existenz gewachsen sein.“

– mögliche Grabinschrift, Teil 8

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Wenn mir im hohen Alter nur ein Wunsch freistünde, würde ich mich wohl für folgenden entscheiden: dass mir in diesem umbarmherzigen Land des Vergessens zumindest der Aufbau einer kleinen Enklave der Erinnerung gestattet werde.

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Ich wünschte, ich könnte meinen Katzen irgendwie begreiflich machen, dass ich sie nicht aus Überdruss fünfmal die Woche rund acht Stunden alleine lasse, sondern ausschließlich deshalb, um unseren Lebensstil finanzieren zu können.

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Wieder mal sehr intensiv geträumt – bemerkenswert, mit welchen ausgefeilten Geschichten mich mein Unterbewusstsein stets aufs Neue überrascht.

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Als Mittdreißiger muss man sich ja eigentlich noch nicht alt fühlen – es sei denn, man wird, passender- und ironischerweise auf dem Weg zum Arzt, von einer Gruppe zufällig in der Nähe befindlicher Jugendlicher hemmungslos ausgelacht, weil man bei dem Versuch, wie ein 17-Jähriger auf einem Skateboard durch die Stadt zu fahren, am Zebrastreifen ausrutscht, auf die Schnauze fällt und sich dabei sowohl Hand (leicht) als auch Ego (schwer) verletzt. Nicht, dass mir das vor etwa 37 Minuten passiert wäre oder so, ich sag nur.

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Ich kann Unternehmen, die auf die ständige Präsenz ihrer Angestellten am Arbeitsplatz pochen, absolut verstehen – denn letztendlich gibt es nichts, das dem Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Belegschaft förderlicher wäre, als gemeinsam zu husten, zu schniefen, zu niesen und schließlich zu fehlen.

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Hatte heute ganz kurz Panik, mein Kopf sei über Nacht eingegangen, weil sich meine Mütze plötzlich zwei Nummern zu groß für diesen anfühlte. Der gestrige Friseurtermin war offenbar längst überfällig.

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Sollte mein Vater noch am Leben sein, wenn ich schließlich dahinscheide, wäre ich um eines sehr dankbar: wenn man ihm nicht das Narrativ durchgehen lassen würde, der verdammte Veganismus sei schuld an meinem Tod.

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Ich stelle mir vor: Vielleicht gibt es auf diesem Planeten nur eine bestimmte, wenngleich uns unerschöpflich scheinende Menge an Winden, die sich immer wieder neu verbinden und schließlich wieder trennen, mal langsamer, mal schneller, doch unablässig und unermüdlich diesen Globus umkreisen, ständig in Bewegung, in Schwärmen oder allein, seit Anbeginn der Zeit, bis zu unserem unvermeidlichen Untergang.

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Untrügliches Anzeichen fürs Älter-Werden: nach untrüglichen Anzeichen fürs Älter-Werden zu suchen.

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Neben in Bälde auslaufenden Abgabefristen und meiner ausgeprägten Hypochondrie sind Einladungen zu geplanten Zusammenkünften jedweder Art meiner Kreativität offenbar mittlerweile am zuträglichsten – ich bin jedes Mal selbst erstaunt, wie schnell mein Hirn mit einer Reihe an Ideen daherkommt, wie sich dieser oder jener Termin am besten vermeiden oder absagen lässt.

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Wie stets an erster Stelle der Neujahrsvorsätze: das alte Jahr bei Datumsangaben nach Möglichkeit nicht mehr als zwei Monate ins neue mitschleppen.

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Dass ich vermutlich nicht unbedingt zum großen Entdecker tauge, beweist – freilich neben Dutzenden anderen Tatsachen – insbesondere der Umstand, dass ich mich selbst in meinen Tagträumen in der Regel nicht allzu weit in entfernte, unbekannte Gefilde vorwage.

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„Weiß man erst mal, dass man nutzlos ist, läuft alles besser.“

– Joann Sfar, Die Synagoge

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Einige Leidenschaften, die meine Katzen und ich teilen: Liegen, Fläzen, Rumlümmeln, Kuscheln, Tagträumen, Schlafen und natürlich die Ornithologie.

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Auch wenn es meinem Selbstbild noch so sehr widerspricht: Ich bin nicht frei von Vorurteilen. Dies wird mir stets bewusst, wenn jemand vor mir Geld am Automaten abhebt – und ich unwillkürlich davon ausgehe, nein, ganz sicher weiß, dass er dabei trödelt, eigentlich wesentlich schneller sein könnte, bestimmt nur deshalb so lange braucht, um mich zu ärgern, dieses &$%#@.