Dass ich kein junger Mensch mehr bin, erkenne ich vor allem an dem Umstand, dass ich für gewisse, bisher kaum registrierte, geschweige denn geschätzte Dinge empfänglich(er) werde, etwa dieses bemerkenswerte Aufeinandertreffen von leuchtender Mondsichel, Schnee auf den in der Dämmerung blauen Bergen und sanft im Wind schaukelnden Baumwipfeln. Und am Kreuzweh, natürlich.
„Hast du abgenommen?“
„Was? Nein, kein bisschen.“
„Hm, dann vielleicht meine Sehkraft.“
– Bürogespräch
Märchen: Es beginnt als eine Art Scherz, aus Langeweile. Er gibt sich als stumm aus und verteilt auf der Straße wahllos Zettel an Passanten, auf denen kurze Nachrichten stehen, im Sinne von „Ich kann leider nicht sprechen, wollte Ihnen aber einen guten Tag wünschen“ oder „Ich bin stumm, wollte Ihnen aber dennoch sagen, dass Sie wunderschön sind“. Irgendwann, nach einiger Zeit, gibt er einen solchen Zettel gedankenlos einer Frau, und erst, nachdem sie jenen gelesen hat, sieht er sie richtig an und weiß plötzlich mit jeder einzelnen Faser seines Daseins, dass er ohne sie nicht mehr leben kann. Er möchte etwas sagen, doch egal, wie sehr er sich auch müht, er bekommt einfach keinen Ton heraus, ihm fehlen die Worte. Und so geht die Frau, nachdem sie sich mit einem sanften Lächeln bei ihm bedankt hat, ihrer Wege, und er sieht sie nie wieder.
- einen Roman schreiben
- den Keller entrümpeln
- mit dem Motorrad Südamerika bereisen
- ein Motorrad besorgen
- den Motorradführerschein machen
- meinen aufgeschwemmten Körper in Form bringen
- auf einem Schiff durch die Weltmeere segeln
- Bogenschießen lernen
- die Welt erobern
– Auszug aus: „Was ich alles hätte erreichen können, läge nicht regelmäßig eine Katze auf meinem Schoß“
Ehrliche Ansage.

Am Ende des Tages bleibt nichts mehr zu tun als die erlittenen Verluste abzuwägen, die verlorenen Stunden zu zählen und die verbliebenen Erinnerungen gegenzurechnen.
Fortgeschrittene Kriegsführung im Tierreich, Teil 273: wenn die Katze so lange maunzt, bis der Kater, nunmehr aufgewacht, sich von seinem angestammten Schlafplatz erhebt, um zu schauen, was los ist, und die Katze sich eine Minute später an ebenjenem Platz räkelt, den der Kater kurz zuvor wegen ihr verlassen hat.
„Ich sehe das Universum als etwas vollkommen Schwarzes und Leeres, in dem das einzig Wirkliche das ist, was wehtut: eben der Schmerz. Das ist die wahre Hölle, der Rest ist nichts als Geschwafel.“
– Witold Gombrowicz
Ich werde mich wohl nie gänzlich an mein eigenes Gesicht gewöhnen – selbst nach mehr als 35 gemeinsamen Jahren erscheint es mir immer wieder mal völlig fremd, wenn ich es im Spiegel betrachte.
Schon eigenartig, wie schnell und unvermittelt gewisse leblose Objekte wie jene Kirche gegenüber einen geradezu bedrohlichen Charakter annehmen können, abhängig von Licht, Wetter, Stimmung, Schlafmangel, Panikattacke.
„Er hat sich redlich bemüht.“
– mögliche Grabinschrift, Teil 5
Prokrastination + Perfektionismus + Hypochondrie = unablässiges Umschreiben eines nicht vorhandenen Testaments
Philosophisches Problem: Sind die beunruhigenden Träume Folge meiner Angszustände oder verhält es sich doch eher umgekehrt?
Untrügliches Zeichen dafür, dass man sich körperlich längst auf dem absteigenden Ast befindet: wenn man sich nach knapp zwei Stunden Sport ebenso verkatert fühlt wie nach einem ausgewachsenen Trinkgelage.

Für ein kostenloses Smartphone-Spiel ist das eine ziemlich heftige Anschuldigung.
Wenn ich dereinst, hoffentlich weder zu früh noch zu spät, sondern genau zum richtigen Zeitpunkt, in die Finsternis eintreten und wider Erwarten doch gerichtet werden muss, verlange ich nur eines: dass diese Aufgabe von einem Vertreter des Pantheons übernommen wird, bei dem ich zumindest eine Chance habe.
Gestern Nacht im Traum verliebt und heute Morgen mit Liebeskummer aufgewacht. Interessant, dass man für derartiges, tief empfundenes Unglück offenbar nicht mal einen realen Menschen benötigt.
Ich glaube, der Kater hat seine mit Sicherheit traumatische Erfahrung vergangene Woche in der Tierarztpraxis schon fast wieder vergessen. Jetzt müsste nur noch seine Schwester damit aufhören, ihn fauchend und knurrend immer wieder daran zu erinnern.
Was ich selbst als nichtiges Mitglied der schreibenden Zunft immer wieder feststellen kann/muss: Nichts schwankt, je nach Umständen, so sehr zwischen befreiend und einschüchternd wie ein leeres Blatt Papier.
„Werde ich sterben können wie die anderen, und wie wird danach mein Schicksal sein?“
– Witold Gombrowicz, Tagebuch
Eigentlich schon erstaunlich, wie ein Gedanke, der sich in deinem eigenen Kopf gebildet hat, dich hinterrücks überfallen und niederschlagen kann.
Eine Lücke ist nicht einfach nichts, sondern in gewissem Sinne noch weniger als nichts. Sie zeigt an, dass es mal etwas gegeben hat, das nun jedoch nicht mehr da ist, wo es einmal war, fehlt, womöglich vermisst wird und wahrscheinlich sogar ersetzt werden muss. Das sagt zumindest mein Zahnarzt, wenngleich auch mit weniger Worten und mehr Zahlen.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen, etwas von dem für ihn auf dem Küchenboden ausgelegten Trockenfutter zu fressen, ergab sich der Kater schließlich vollends den Nachwirkungen der wenige Stunden zuvor im Rahmen einer nötigen Zahnbehandlung verabreichten Narkose, legte sich hin und schlief buchstäblich über seinem Mahl ein, wie ein adoleszenter Kiffer, der für ein Wochenende das ganze Elternhaus für sich hat.
Nein, im Grunde verhält es sich genau umgekehrt: Unsere Existenz ist nichts weiter als ein einziger langer Schlaf, unterbrochen von kurzen Phasen des Wachseins.
Traum: Ich gehe runter in den Gemeinschaftskeller, um in unserem Abteil etwas abzustellen, das ich nicht mehr in der Wohnung benötige, aber noch zu sehr mit mir verbunden ist, um es wegzuwerfen. Auf dem Rückweg erwische ich die falsche Tür und lande weißgottwo.